Freitag, 30. März 2007

Ein Sack voller Leichen

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Ich sass im Local-Bus, heisst, in einem Bus fuer Einheimische, der laenger braucht als die Faehre, aber dafuer um einiges guenstiger ist, und eigentlich wollte ich zum Fruehstueck nur einen einzigen Huehnerfuss, richtiger wohl Huehnerkralle, da aber der Bus fuer Einheimische auf einem Einheimischenweg war und die Stadt auch ziemlich einheimisch, gab es diverse Verstaendigungsprobleme und somit sass ich nun vor einer Tuete mit ganzen sechs Huehnerkrallen. Knusprig und fettig zugleich, fuenf zuviel, aber diese Huehner sollten nicht umsonst gestorben sein. Im Kloster war die Devise: nimm Dir nach soviel uns so oft Du moechtest und schaem Dich nicht dafuer, aber wenn Du Essen wegwirfst, hast Du allen Grund, Dich zu schaemen. Diesen Leitfaden im Ohr knusperte ich los. Besah mir die Mitreisenden, die voruebereilenden, belebten Strassen und die auftauchenden Berge. Und ploetzlich knallte es. Ein Sack voller Muscheln, von klein bis riesig, wurde vor meine Fuesse gewuchtet. Ein fischiger Geruch stieg mir in die Nase. Ich ass tapfer weiter. Bis es vor meinen Fuessen zu klackern begann. Ich blickte mit der Huehnerkralle im Mund nach unten und sah nicht nur das rosigbraune Fleisch der Riesenmuscheln sondern auch unzaehlige, kleine Fuehler, Aermchen und Tentakel, die sich den Weg durch diesen trockenen Muschelnberg zu bahnen versuchten. In die Freiheit. Die es nicht gab, in keine Richtung, die Maschen des Netzes waren eng gestrickt. Ins Meer, das mittlerweile nicht einmal mehr zu erahnen war. Die Huehnerkralle setzte sich in meiner Kehle fest. Hm. Sie schmeckte nicht mehr ganz so gut. Gar nicht mehr. Nach und nach verebbten die Bewegungen in dem Netz, meine Kaubewegungen ebenfalls, und ploetzlich beruehrte mich etwas kuehl-zartes am Ruecken. Mein erster Gedanke war, was auch immer, ES ist gelandet. Auf mir. Weder hinter mir noch neben mir sassen Menschen. Ich blieb ruhig, wartete auf schlaue Ideen in meinem Kopf, als ich einen Ruck vernahm und auf meiner linken Schulter ein silber-gruener Frosch landete. Und sitzen blieb. Die Einheimischen begannen, laut zu lachen. Ich ebenfalls. Er verharrte still. Und ich nahm ihn in meine Haende um ihn in die Freiheit am naechsten Busstop zu entlassen. Eine alte Frau ohne Zaehne sagte mir, das bringe ungemeines Glueck. Ich steckt die Huehnerkrallen zurueck in die Tuete und gab sie am Ende des Tages einem Hund, der sie dankbar annahm. Hm. Erst einmal geheilt von Huehnern, ebenfalls oder besonders von Muscheln. Nein. Das geht echt gar nicht.

Ich war ja jetzt ueber zwei Wochen auf der kleinen Insel. Und zum Abschied standen die Menschen, mit denen ich nicht viel, aber besondere Zeit verbracht habe, und winkten mit einer Traene im Auge. Ich weiss es ja, Menschen kommen, Menschen gehen. So auch ich. Aber trotzdem. Punkt.

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Ich bin auf Koh Lante nun. Gestern Abend im Dunkeln habe ich meinen Bungalow nicht mehr wiedergefunden. Bin hin und her gefahren, es fing zu regnen an, es begann zu stuermen, winden, blitzen, donnern. Ich stoppte mein Moped, komisches Wort, und sass fuer eine Stunde fest. Die Blitze schlugen,wie mir schien, nur Millimeter von meinem Kopf entfernt ein, der Strom fiel aus, es war dunkel und kalt, ich dachte, hier komme ich vielleicht nicht mehr raus, na, dann sterbe ich zumindest gluecklich, und dann- war es auch schon vorbei.
Und gerade komme ich von zwei atemberaubenden Tauchgaengen wieder. Wunderwunderwunderschoen. Mindestens. Ich habe eine Schildkroete bei ihrem Fruehstueck ertappt, eine Sepia hat mit mir Haendchen gehalten. Und es war bunt. So bunt, wie es noch immer in meinem Herzen ist. Die Zeit verfliegt geradezu, aber diesmal habe ich mich mitnehmen lassen und ihr nicht nur hinterher gewunken.
Ich aergere mich nicht mehr. Atmen hilft. Als ich heute zum Beispiel 1000 Baht mehr als gedacht vereinbart fuer die Tauchgaenge bezahlen sollte habe ich langsam ein und ausgeatmet und gefragt. Es blieb bei dem Preis, das Aergernis aber blieb aus.
So wird es sicher gehen.
Gut gehen.
Wiederholung, ich weiss. Aber so und genauso ist es eben.

Wie immer. Aber ehrlich. Ich schicke Euch Sonne und Waerme, etwas Thailandluft, die nach Salz und Strassenstaenden riecht, und
viel Liebe.

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